Auf den Schnaps
gekommen

Edition 04

Es zischt und chlöpft

Kein «Räuber und Poli», kein Fussball. Den Primarschüler Alain Schwarzenbach zog es während der Schulpausen stattdessen auf das geheimnisvolle Gelände der Brennerei und Mosterei Razzai-Kunz in Obermeilen, welches direkt neben der Schule lag.

 

Mit Obstbäumen, dem Beugenbach, Scheunen, einem Wohnhaus, einem Mostereigebäude und unzähligen, im Untergrund liegenden Kellern. Und dem grössten Holzfass der Schweiz, welches rund 25 000 Liter fasst, das aber wusste er damals noch nicht. Ihn faszinierte die eindrucksvolle Brennerei, die zischte und dampfte, deren Destillate einen für Alain ganz einzigartigen Geruch verströmten. Und dann und wann hat es «gchlöpft». Begeistert sah Alain dem Brennmeister Franco Razzai über die Schultern, als er die Früchte in die Brennerei schaufelte und Dampf aufstieg.

 

Hätte er sich damals träumen lassen, dass er diese Bren­nerei einmal übernehmen würde? Na klar, meint Alain.

Knapp dreissig Jahre später zügelt die Brennerei tatsächlich in die Trotte von Schwarzenbach Weinbau. Franco Razzai und Verena Razzai-Kunz gehen in den Ruhestand und verkaufen nicht nur ihre traditionsreiche Brennerei-Anlage an Alain Schwarzenbach und Marilen Muff, sondern überlassen ihnen auch einen Teil ihres Edelbrand-Sortiments. Unter dem Namen «Edition Razzai» erlangen diese Destillate ein zweites Leben und können über Schwarzenbach Weinbau bezogen werden. Darunter finden sich echte Raritäten wie beispielsweise der Obstbrand «Uster Äpfel»: Im 18. Jahrhundert war diese Süssapfelsorte die meist verbreitetste im Kanton Zürich. Heute hingegen ist sie als ProSpecieRara-Sorte sehr selten. Es ist Franco Razzais besonderer Verdienst, dass diese raren Sorten ihren Weg in die Schnapsflasche gefunden haben. Und es ist unlängst bekannt, dass auch Alain und Marilen sich brennend für Reinsortiges und Rares interessieren, deshalb möchten sie diese Linie auch in Zukunft weiterziehen.

«Nicht nur das zischen und chlöpfen lockte mich vom Pausenhof weg, sondern auch der einzigartige Geruch!»


Alain

Brennen und Mosten an der Seidengasse

Die Geschichte der Brennerei und Mosterei Razzai-Kunz nimmt beim Grossvater von Verena Razzai-Kunz ihren Anfang, der sich um 1900 als erster Kundenbrenner am rechten Zürichseeufer einen Namen gemacht hatte. Mit einer Chappuis-Dampfbrennerei zog der Rebbauer von Hof zu Hof und brannte vor Ort Schnaps – mit Erfolg. Nach dem Tod von Johannes Kunz übernahm sein Sohn Hans Kunz, damals 21-jährig, den Betrieb. Er wandelte ihn zur Mosterei und Brennerei und verarbeitete an der Seidengasse in Meilen das Trauben- und Obstgut der lokalen Bauern.

 

Als Franco Razzai den Betrieb in den frühen 1980er Jahren von seinem Schwiegervater übernahm und im gleichen Stil weiterführte, presste er jährlich zwischen 350 und 450 Tonnen Äpfel. Schwarzenbach Weinbau verarbeitet inklusive Lohn- und Fremdkelterungen heute 200 bis 230 Tonnen Traubengut pro Jahr. Razzai arbeitete damals mit einer Presse, die von vier Männern bedient werden musste. Das war Schwerstarbeit! Im Rekord-Erntejahr 1982 waren es bis zu 650 Tonnen, die angenommen wurden. Der Apfelmost wurde dann in grossen Tanks und Holzfässern in dem im Untergrund liegenden Keller gelagert – der seit diesen Jahren nicht mehr genutzt wird.

Sich immer wieder neu erfinden das ist eine Tugend, die der Geschichte der Brennerei Razzai-Kunz eingeschrieben ist. Franco Razzai entwickelte den früheren Engros-Betrieb mit den Jahren zur Kundenmosterei. Dies hatte zur Folge, dass nur noch vergleichsweise kleine Mengen an Äpfeln an der Seidengasse selbst gepresst und abgefüllt wurden – der Rest ging unverarbeitet an Grossabnehmer wie Pomdor und Landi. Die Neuausrichtung des Betriebs als Spezialitäten-Brennerei folgte um das Jahr 2000. Franco Razzai konzentrierte sich von da an auf das Brennen von Spezialitäten –  insbesondere Apfelbrände.

«Dieser Keller ist ein Bijoux aus der Zeit, in der an der Seidengasse im grossen Stil Apfelmost produziert wurde.»


Alain

Berner Rosen «Edition Razzai»
Obstbrand aus Kulturapfelsorte,

CHF 35.00, 50 cl, 41.0% vol
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Lokales bleibt bestehen

Was für Alain im Kindesalter mit den Besuchen bei Franco Razzai begann, hatte schon viel früher seinen Anfang genommen. Als der gebürtige Florentiner Franco Razzai kurz nach seiner Heirat mit Verena Kunz von Florenz in die Schweiz zog, um den Schwiegervater mit seinem kaufmännischen Wissen in der Mosterei und Brennerei zu unterstützen und diese dann zu übernehmen, war es der junge «Stikel» Hermann Schwarzenbach, den er als ersten in der Brennerei antraf. Dieser war damals, für kurze Zeit, Angestellter von Hans Kunz.

So kreuzten sich über die Jahre die Wege der beiden Familien immer wieder. Verbinden tut Schwarzenbachs und Razzais die Freude am Handwerk, an der Tüftelei und damit verbunden die unbändige Lust immer wieder neue Wege einzuschlagen. Man mag es schicksalhaft nennen oder nicht. Klar ist, dass es für beide Meilener Familien ein Glücksfall ist, dass das Erbe der Brennerei nun in der Schwarzenbach-Trotte weiterlebt. Dass die Schnäpse ein neues Zuhause gefunden haben und somit Lokales und Rares weiterbesteht.

Wie weiter? Alain und der neue Brennmeister «Stikel» Hermann Schwarzenbach sind leidenschaftliche Tüftler und erproben in ihrem Schnapslabor allerhand Brenngut. Nicht alle Destillate werden dem hohen Anspruch der Schwarzenbachs gerecht und schaffen es wirklich in den Verkauf. Der Himbeergeist ist momentan der ganze Stolz der Zwei: Das sind in Weinbrand eingelegte frische Himbeeren, mit grösster Sorgfalt gebrannt – sehr aromatisch! Doch der Fokus wird in Zukunft klar auf reinsortigen Trester- und Obstbränden liegen, Completer ist bereits in limitierter Ausgabe zu haben – man darf gespannt darauf sein, was als nächstes kommt! Apfelbrand und Himbeergeist jedenfalls, sind fortan mit dabei.

 

«Dass Schwarzenbachs die Brennerei übernehmen, ist ein Glücksfall – so kann ich mein Wissen weitergeben.»


Franco Razzai

Himbeergeist
Weinbrand mit Zürcher Himbeeren,
CHF 56.00, 50 cl, 41.0% vol
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Aus dem Keller

Imponierende Magnums

«Wir feiern die Feste, wie sie fallen – darum lieben wir Magnums. Neben dem altbewährten Pinot Noir Sélection, der ausgezeichnet in den Grossflaschen à 1.5 Liter reift, gibt es neu bei uns weitere Weine wie den Räuschling Seehalden, Riesling-Sylvaner, Federweisser und Blauburgunder im Doppelformat. Trinken Sie sie mit Freunden oder lagern Sie die Magnums ein paar Jahre, denn die Flaschengrösse hat einen positiven Einfluss auf das Reifeverhalten des Weins. In jedem Fall werden sie Ihnen viel Freude bereiten!»

 
Marilen