Laute Schläge dringen im immer gleichen Rhythmus durch die Werkstatt, während der Lernende einen Eisenreif auf das entstehende Holzfass auftreibt. Mit geübten Bewegungen holt er aus und schlägt den Reif mit einem Hammer etwas tiefer über die sogenannten Dauben, die einzelnen Latten des Eichenfasses. Ein Schritt, ein Schlag, ein Schritt, ein Schlag – so arbeitet sich der Küfer dreimal um das Fass, bis der Eisenreif genau da sitzt, wo er ihn haben will.

Seit Generationen bezieht Schwarzenbach Weinbau seine Schweizer Barriques, also Fässer mit einem Fassungsvolumen von 228 Litern, und auch grössere Holzfässer von der Küferei Suppiger in Küssnacht am Rigi. An diesem Frühsommertag besuchen Alain Schwarzenbach und Marilen Muff die Küferei. Inhaber Roland Suppiger freut sich sichtlich darüber, denn man kennt und schätzt sich.
 

Roland betreibt eine von drei Schweizer Küfereien. Alle drei zusammen produzieren rund 500 Barriques im Jahr. Der jährliche Bedarf der Schweizer Winzer:innen liegt bei 4000 Stück. Die restlichen Barriques werden grösstenteils maschinell in Frankreich hergestellt. In der Küferei Suppiger werden die Holzfässer jedoch in aufwendiger Handarbeit produziert. Bis es so weit ist, dass ein Küfer Eisenringe auf die Fässer aufschlagen kann, muss einiges an Vorarbeit geleistet werden.
 

Zunächst braucht es Holz bester Qualität: «Denn nur aus den allerschönsten Stämmen können Fässer werden», erklärt Roland. Hier, zu Füssen der Rigi, werden hauptsächlich rund 200-jährige Stämme von Schweizer Stil- und Traubeneichen verarbeitet. Die Herkunft der Stämme ist bis auf den genauen Wald, in dem die Eiche wuchs, zurückverfolgbar. Die Küfereien sorgen gemeinschaftlich mit der Forstwirtschaft dafür, dass die Wälder nachhaltig bewirtschaftet und die geholzten Flächen wieder aufgeforstet werden.

Die vorwiegend aus dem Jura oder Schaffhausen stammenden Traubeneichen bringen eine ganz leichte Vanillenote mit sich, welche Alain besonders gerne für den Ausbau von Chardonnay und Completer einsetzt. «Rolands Fässer sind im Geschmack sehr elegant und filigran», schwärmt er.
 

Französische Barriques werden hauptsächlich aus Bastarden – Kreuzungen zum Beispiel aus Stil- und Traubeneichen – gefertigt und bringen eine intensivere Aromatik mit sich. «Die Fässer aus Bordeaux oder aus dem Burgund sind kräftiger und etwas rauchiger», sagt Alain. Dies eignet sich wunderbar für den Pinot Noir.
 

Schwarzenbachs Weine lagern je nach Linie und Traube zwischen 8 und 24 Monate im Barrique. Insbesondere die Weine der Sélection-Linie profitieren stark vom längeren Barriqueausbau. Die Barriques werden für die Rotweine im Schnitt dreimal wiederverwendet. Mit jeder Belegung nimmt die Intensität der abgegebenen Aromastoffe ab. Ideal ist dabei die zweite und dritte Belegung. Für den Completer kommen sogar Fässer der vierten bis sechsten Belegung zum Einsatz, um nur eine dezente Aromatik zu erzielen. Diese feine Balance zeigt das Können und die Erfahrung der Winzer.

«Wie zu Urgrossvaters Zeiten – Fässer werden noch immer wie vor Hunderten von Jahren produziert.»


Roland Suppiger

Bevor das Holz zur Verarbeitung in die Werkstatt gelangt, müssen aus den Stämmen zunächst
Bretter gesägt werden. In meterhohen Stapeln lagern diese hinter der Werkstatt und werden ein ganzes Jahr abgeregnet. Während des Abregnens verliert das Holz einen Grossteil des enthaltenen Tannins, welches den Wein bitter machen könnte. «Anschliessend muss das Holz trocknen – ein ganzes Jahr pro Zentimeter Lattendicke», erklärt Roland inmitten der hohen Holzstapel.

Wenn die Zeit reif ist, hobeln die Küfer in aufwendiger Handarbeit die Dauben aus den Brettern, sodass sie in der Mitte dünner werden. «Das sogenannte Verjüngen hilft beim Biegen», sagt Roland. Bereits bei diesem Arbeitsschritt erfüllt das charakteristische Aroma der Eiche die Luft. Anschliessend werden beim Fügen auch die Seiten der Dauben sorgfältig in den richtigen Winkel gehobelt. Das wichtigste Werkzeug hierzu? «Ein gutes Augenmass», sagt Roland lachend. Zwar könne man den Winkel des Schnitts mit Lehren überprüfen, beim Sägen selbst hilft dem Küfer jedoch nur die jahrelange Erfahrung. Wenn die Dauben fertig sind, werden sie in den ersten Reif des Fasses gestellt. Bereits hier stützen sich die millimetergenau produzierten Dauben gegenseitig.

Um das Fass anschliessend zusammenzuziehen, spielen die Küfer mit den Elementen. Feuer auf der Innenseite und Wasser auf der Aussenseite machen die Dauben warm und elastisch. Wie lange das Feuer auf der Innenseite brennt, bestimmt den Grad des Toastings, also wie stark das Fass ausgebrannt wurde. Dieses Toasting setzt neue Aromen im Holz frei, die dem Wein beim Ausbauen zugutekommen. «Wenn ein Fass zu holzig oder rauchig ist, übertönt es die komplexen Noten eines zarten Weins», sagt Marilen. Zu Hause im Meilemer Weinkeller werden besonders die Barriques mit mittlerem Toasting geschätzt: «Damit erreichen wir das perfekte Mass an Röstaromen», sagt Alain.

Zu diesem Zeitpunkt stehen die einen Enden der Dauben noch weit auseinander. Sie werden mithilfe dicker Stahlseile zusammengezogen, sodass das entstehende Fass anschliessend bereift werden kann. Eisenreif um Eisenreif entsteht so ein bauchiges Barrique.

«Rolands Barriques haben die perfekte Balance zwischen den rauchigen Aromen des Toastings und der Süsse des Eichenholzes.»


Marilen Muff

«Zwischen all den Fässern kriege ich richtig Lust zum Chrömle!»


Alain Schwarzenbach

Die Küferei Suppiger produziert neben Barriques vor allem grosse Fässer aus feinster Traubeneiche. So stehen gerade mehrere grosse Fässer für Henry Grosjean vom Chateau d’Auvernier – einem ehemaligen Auszubildenden und Freund Schwarzenbachs – im Lager bereit. «Die grössten Fässer, die wir produzieren, fassen 20’000 Liter», sagt Roland stolz. Die Produktion dieser bringt einige Herausforderungen mit sich, nicht zuletzt bei der Auslieferung. Damit die grössten Fässer auch durch die kleinsten Kellertüren passen, müssen sie auseinandergenommen und vor Ort wieder zusammengesetzt werden.
 

In Schwarzenbachs Weinkeller stehen drei grosse Fässer mit je 3000 Litern Volumen – allesamt von der Küferei Suppiger. In den Fässern der Jahre 1986 bis 1995 werden der Riesling-Sylvaner Gold, der Räuschling Seehalden und der Blauburgunder ausgebaut.

«Das Handwerk der Küfer hat sich über die Jahrhunderte kaum verändert», erklärt Roland, der den Betrieb in vierter Generation führt. Noch immer wird mit über 100-jährigen Maschinen und noch älteren Werkzeugen gearbeitet. «Das machen wir aber nicht etwa aus Nostalgie, vielmehr gibt es diese Werkzeuge heute einfach gar nicht mehr», sagt der Küfer mit einem Schmunzeln.
 

Was sich jedoch sehr wohl verändert hat, ist die Nachfrage, denn neben Fässern in allen Grössenordnungen tobt sich Roland auch kreativ aus. Seit einigen Jahren ist auch die Wellnessbranche auf den Geschmack von Holzfässern gekommen. Daher produziert Roland nämlich auch Badewannen, Sauna-Abkühlbecken oder sogar Schwimmbottiche, wie jene im Hürlimann-Areal in Zürich. Solche Wellness-Projekte bringen ganz neue Anforderungen mit sich. «Da muss ich manchmal nächtelang in der Werkstatt über Projekten brüten», sagt Roland. Solche Herausforderungen scheinen den Handwerksmeister jedoch alles andere als zu stören.

In Rolands Lager gibt es Fässer in allen Formen, Holzarten und Grössen. Alains Augen leuchten auf beim Anblick all dieser Möglichkeiten und sofort beginnt der Winzer den Küfer mit Fragen zu löchern. Zu Hause im Meilemer Weinkeller sei der Platz zwar begrenzt. «Aber hier zwischen all den Fässern juckt es mich schon in den Fingern», sagt Alain mit einem vielsagenden Blick zu Marilen.

«Blumen und Reben.
Mit der Natur arbeiten und leben.»

Aus dem Rebberg

Biodiversität in den Reben

«Wir arbeiten seit einigen Jahren intensiv daran, mehr Lebensräume für verschiedene Arten in unseren Rebbergen zu schaffen. Je grösser die Artenvielfalt in einem Ökosystem, desto widerstandsfähiger wird es gegen Störungen. Die Frequenz des Mulchens in den Fahrgassen zwischen unseren Reben haben wir reduziert und walzen die Pflanzen stattdessen. So haben sie die Chance zu blühen und zu versamen. Insekten finden mehr Nahrung und insgesamt steigt die Biodiversität. Die Reben profitieren indirekt, da sich diese Entwicklung positiv auf den Boden auswirkt. So können hervorragende Weine mit echter Terroir-Qualität entstehen.»

 

– Alain Schwarzenbach